Der stille Tod im Planschbecken

Viele Kleinkinder ertrinken in flachem Wasser. Eltern unterschätzen die Gefahren

Der Gartenteich ist des Hobbygärtners ganzer Stolz. Das Feuchtbiotop mit schillernden Goldfischen, quakenden Fröschen und bunten Libellen gilt geradezu als Symbol für heimisches Glück. Wer käme auf die Idee, dass das Gartenidyll für kleine Kinder zur tödlichen Falle werden kann?

Doch wie kann die friedliche Planschpartie in der Badewanne oder das Matschkuchenbacken am Teichrand zur Familientragödie führen? Schuld ist die Neugier der Kleinen – und ihr Körperbau. Bei Kindern liegt der Schwerpunkt, anders als bei Erwachsenen, wegen des großen Kopfes nicht auf Höhe des Nabels, sondern im Brustbereich. Beugt sich so ein Dreikäsehoch dann neugierig über eine spiegelnde Wasserfläche, fällt er leicht hinein. Jungen sind offenbar besonders gefährdet – sie ertrinken dreimal so häufig wie Mädchen.

Das Wasser muss dabei nicht einmal sehr tief sein. Bereits wenige Zentimeter können den Sprösslingen zum Verhängnis werden. Gerichtsmediziner berichten von Kindern, die in der Badewanne starben, in denen ihnen das Wasser im Sitzen gerade bis zum Nabel reichte ein zweieinhalbjähriges Mädchen verunglückte in nur acht Zentimeter tiefem Wasser.

Zu Hause passen die Eltern weniger auf als am Meer und bleiben oft nicht in Greif- und Hörweite. Schon fünf unaufmerksame Minuten am Bügelbrett oder vor dem Fernseher können zum Verhängnis werden.

Denn die Kinder sterben meist leise und unbemerkt. Manche bleiben einfach erstarrt liegen, wenn sie mit dem Gesicht voran ins Wasser fallen. Ein kleines Mädchen etwa ertrank im Beisein seines sechsjährigen Bruders in der Badewanne. Der Junge dachte, es hätte sich zum Schlafen hingelegt.

Eine lebensrettende Reaktion des Körpers hat fatale Folgen

Verantwortlich für solche paradox anmutenden Unfälle ist die unausgereifte Motorik von Kleinkindern: Die untrainierte Nackenmuskulatur kann den verhältnismäßig großen und schweren Kopf kaum aus dem Wasser heben. Fatale Folgen hat auch der Verschluss der Stimmritzen. Dieser – eigentlich sinnvolle – Schutzreflex erfüllt nach einer Weile seinen Zweck allzu gut: Das Kind atmet zwar kein Wasser ein, kann aber, wieder an der Luft, nur schwer oder gar nicht wieder atmen. Leider meinen viele Eltern immer noch, es sei gut, das Kind an den Füßen zu packen und mit dem Kopf nach unten zu schütteln, damit das Wasser herauskommt. Einzig richtig sei aber die Mund-zu-Mund-Beatmung. Gelangt Wasser in die Lungen, verengen sich die Kapillaren um die Lungenbläschen, da sie aus den wassergefüllten, unbelüfteten Gebieten keine Sauerstoffversorgung mehr erhalten. Das Herz muss dann gegen einen höheren Druck in der Lunge anpumpen und wird mehr belastet.

Dazu kommt möglicherweise der sogenannte Eintauchreflex: Berührt das Gesicht kaltes Wasser, schlägt das Herz automatisch deutlich langsamer. Die Folge: Viele Kinder, die den Unfall überleben, behalten schwere Schäden zurück, weil das Gehirn zu wenig Sauerstoff bekommen hat. Es kann zu krampfartigen Lähmungen kommen oder zum sogenannten apallischen Syndrom, bei dem sie wie erstarrt nicht mehr auf Außenreize reagieren.

Die tragischen Unfälle ließen sich durch zweierlei verhindern: Aufklären und Vorbeugen. Eltern müßten vermehrt vor den vom Wasser ausgehenden Gefahren gewarnt werden!

Die Vorsorge wäre relativ simpel: Es genügte, um den schönen Seerosenteich im Garten einen Zaun zu ziehen oder einen Deckel für die Regentonne zu kaufen.

Vor allem aber sollten die Eltern stets ein Auge auf ihren planschenden Nachwuchs haben.